Marlene Hofmann ist im Museum Burg Posterstein für Marketing und Kommunikation, Gestaltung und Ausstellungskonzeption mitverantwortlich. Studiert hat sie Kommunikationswissenschaft, Skandinavistik und Museumsmanagement in Hamburg, Aarhus (DK) und Trollhättan (Schweden). Freiberuflich textet und gestaltet sie.
JB: Im Moment sind es schwierige Zeiten für Museen und Kultureinrichtungen. Eigentlich wollte ich mit Dir ein Interview über Eure Social-Media-Aktivitäten auf Burg Posterstein führen. Jetzt hat die Corona-Krise auch die Museen eingeholt. Was heißt das für Euch konkret? Vielleicht sagst Du auch noch kurz grundsätzlich etwas über das Museum, falls die ein oder der andere es nicht kennen sollte.
MH: Das Museum Burg Posterstein ist das regionalgeschichtliche Museum im Landkreis Altenburger Land. In der über 800 Jahre alten Burg zeigen wir Ausstellungen aus der Burg- und Regionalgeschichte sowie Sonderausstellungen im Bereich Kunst und Kultur. Ein Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf der europäischen Salongeschichte um 1800. Ausgangspunkt dafür ist der Salon der Herzogin von Kurland in Löbichau, das ganz in der Nähe von Posterstein liegt. Beliebt ist unsere Familienausstellung „Die Kinderburg“, die sich vom Verlies bis auf den Turm durch das ganze Gebäude zieht.
Seit 15. März haben wir das Museum geschlossen und arbeiten im Homeoffice. Wir verfolgen die aktuellen Entwicklungen und passen uns laufend daran an. Im Augenblick arbeiten wir an drei größeren digitalen Projekten, um für unsere Besucher weiterhin digital sichtbar und erreichbar zu sein.
JB: Welche Social-Media-Kanäle nutzt Ihr schwerpunktmäßig. Hat sich das durch die Krise verändert?
MH: Neben Website, Blog und Google Business-Account nutzen wir Twitter, Instagram, Facebook, Pinterest und YouTube. Die Krise hat daran nichts geändert, vielmehr können wir jetzt weiterhin auf unsere gute digitale Vernetzung auf besonders den drei erstgenannten Social Media- Kanälen aufbauen.
JB: Welche weiteren Möglichkeit nutzt Ihr, um Euer Museum auch trotz Schließung zu kommunizieren?
MH: Normalerweise planen wir unsere Ausstellungen vor Ort ohnehin bereits mit analogen und digitalen Vermittlungskomponenten (Auf unserer Website findest Du unser Museumskonzept). Wir haben jetzt erstmals die Situation, dass unsere Vermittlung ausschließlich digital stattfindet. Die drei Hauptprojekte sind für uns im Moment:
1) die digitale Erweiterung unserer aktuellen Foto-Ausstellung „Landschaft nach der Wismut“. Inhaltlich geht es um die spannende Geschichte und Gegenwart des Uranerzabbaus in Sachsen und Thüringen. Diese digitale Ausstellung wird nicht von Anfang an fertig sein, sondern Schritt für Schritt erweitert. Ursprünglich geplante analoge Begleitveranstaltungen sollen nun digital in Form von Gastbeiträgen stattfinden.
2) neue digitale Angebote der „Kinderburg“ – das Osterferien-Programm wird erstmals digital stattfinden, es wird neue Blogposts im Kinderblog und Bastelanleitungen für zu Hause geben.
3) eine digitale Ausstellung zu unserem Projekt „Die Schlössersafari“: Unsere 2019 gezeigte analog-digitale Ausstellung #Schlössersafari hat sich inzwischen zu einem wachsenden Netzwerk von Hobbyfotografen und Kultureinrichtungen entwickelt und bietet allen die Chance, sich miteinander und
untereinander zu vernetzen. Die analoge Ausstellung soll dieses Jahr noch im Thüringischen Museum Burg Ranis gezeigt werden, musste allerdings verschoben werden. Deshalb stellen wir bis voraussichtlich 29. März eine digitale #Schlössersafari-Ausstellung auf unserer Website zusammen, in die wir weitere Instagramer, Twitterer und Blogger einbeziehen wollen. Ihre Bilder und Geschichten werden auf der Website hervorgehoben. Gleichzeitig rufen wir in einer Zeit, in der viele von uns zu Hause bleiben sollen, dazu auf, die eigenen Fotoarchive zu durchsuchen und unter dem Hashtag #Schlössersafari Bilder und Geschichten von eigenen Reisen zu Schlössern und Burgen mit uns zu teilen.
JB: Was wünscht Du Dir als Lehre, wenn die Krise einmal überstanden ist. Was ist für dich am wichtigsten für das Museum der Zukunft
MH:Unser größtes Problem, das jetzt in dieser Krise offenbar wird, ist, dass eine öffentliche Finanzierung, die maximal zwei Drittel des Finanzbedarfs deckt, ganz schnell existenzbedrohend werden kann. Eintrittsgelder sind fester Bestandteil des Budgets und die fallen nun erst einmal weg. Hier zeigen sich die Folgen der derzeitigen Kulturfinanzierung, zumindest für uns als freien Träger. Zu wünschen wäre natürlich eine 100prozentige Finanzierung der Museen, die ja einen wichtigen Bildungsauftrag erfüllen und erst dann kann man sogar über einen freien Eintritt nachdenken. Natürlich muss es weiter um Leistung gehen, die auch evaluierbar sein muss.
Ich wünsche mir außerdem, dass möglichst viele Museen und Kultureinrichtungen (öffentliche Verwaltungen, Schulen, Firmen, etc.) im Zuge der Krise einen neuen Zugang zu digitalen Möglichkeiten finden! Hier bietet sich viel Potential für mehr Nutzerfreundlichkeit und möglicherweise auch Barrierefreiheit, weil für alle frei zugänglich. Der Bildungsauftrag von mit öffentlichen Mitteln finanzierten Einrichtungen gilt auch im Digitalen. Wenn wir diesen uns auch von zu Hause offenen Zugang zu Wissen, Vermittlung und Kulturerbe als Gesellschaft fördern wollen, sollten die Museen einerseits über ihre Definition von Museumsarbeit nachdenken und andererseits nicht nur an eingenommenen Eintrittsgeldern gemessen werden.
JB: Liebe Marlene, ich danke Dir für das Gespräch!
Hallo Jörn,
Vielen Dank für die Interviewfragen, die wirklich spannende Themen aufwerfen, die uns noch lange begleiten werden. Wir verfolgen die Entwicklung gespannt.
Viele Grüße,
Marlene
Liebe Marlene, herzlichen Dank für den Blick in Eure Arbeit. Ich bin beeindruckt, wie ihr die Zeiten der Krise angeht. Ich denke, das ist wirklich vorbildlich, wie ihr digital vermittelt! Das angesprochene Problem mit der fehlenden Finanzierung ist ja ein kulturpolitisches, welches viele kleinere Museen betrifft. Da ist die Politik gefordert!
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