„Saatfurche“ von Harald Gerlach

Nebel, trübe Lasur
über Kaltluftseen,
Krähen
in der Äcker Aufbruch.
Windtrocken die Flur.

Fuß um Fuß die Pflugsohle messen
im flachgrünen Boden,
gestürzt über Schar und Kolter,
das Vorjahr
als Krautich am Krummholz;

Länge um Länge
das Feld
an den Riemenpflock legen –

linkswendiges Tagwerk,
zwischen klammen Sterzen
das Jahr im Griff.

Harald Gerlach redet dem Dorf das Wort. Er zählt Korn- und Kleejahre auf, sagt die Melkzeit an, zieht Saatfurchen …
Ihm, der selbst viele Berufe ausprobiert hat, fällt es nicht schwer Landschaft und Menschen zu porträtieren. In der DDR hat er ein Dutzend Bücher geschrieben: Erzählungen, Gedichte und Theaterstücke. Allem ideologischen Denken fern, ist Gerlach in der DDR nie ein akzeptierter Autor geworden. „Perspektivlosigkeit“ und „Geschichtspessimismus „ist ihm immer wieder vorgeworfen worden. Wahr daran ist, dass er die Diktatur des Ideals durchschaute und den Weg des SED-Systems als eine „Höllenfahrt ins Unverzeihliche“ erkannte. In seiner Literatur beharrte er auf Differenz und Widerspruch, auf Anderssein und Fremdheiten gegen Aneignung und Zerstörung. Gerade im Scheitern entdeckt er Momente des Glücks.
In Niederschlesien wurde er 1940 geboren. Nach dem Krieg floh die Familie nach Thüringen. Eine Schriftsetzerlehre und das Journalistikstudium brach er ab, um 1961 illegal die DDR zu verlassen. Er wanderte durch Südeuropa, kam nach seiner Rückkehr in Untersuchungshaft und arbeitete anschließend in einer Kiesgrube und als Totengräber. Ab 1962 war er als Hof- und später als Bühnenarbeiter am Theater in Erfurt tätig. 1970 wurde Gerlach als Dramaturg bei den Städtischen Bühnen Erfurt angestellt. Ab 1984 arbeitete er bis zu seinem Tod 2001 als freischaffender Schriftsteller.

Auf den Seiten des des Literaturland Thüringens kann man auf den Spuren von Harald Gerlach durch Erfurt wandeln. Oder einfach mal wieder den Gedichtband „Sprung ins Hafermeer“ lesen!







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