In Memoriam Andrej Tarkowski

Es ist schon lange her, da habe ich einen Freund in Hamburg besucht. Das war in den 80ern. Da studierte ich Filmwissenschaften in Berlin und er war ein absoluter Filmfreak. Ich kam spät abends in Hamburg an und er schleppte mich gleich ins Kino. Es lief Andrei Rubljow. Ich hatte keine Ahnung wer Tarkowski war und was da für ein Film auf mich zukam. Ich kann nur sagen, ich war beeindruckt.
Seit diesem Abend habe ich alle Filme von Tarkowski gesehen. Leider hat Tarkowski kein umfangreiches Werk hinterlassen – er drehte nur sieben Filme – aber ein gewichtiges. „Für mich ist er Gott“, behauptete Lars von Trier über Tarkowski. In einem Interview mit Time Out London Magazin sagte er, er habe Tarkowskis Film DER SPIEGEL 20 Mal gesehen. 
Und die BBC kürte den SPIEGEL zu einem der besten 100 fremdsprachigen Filme überhaupt.

Selten habe ich einen Regisseur in der Filmgeschichte kennengelernt, der ein derart geschlossenes Werk aufweist. Vom ersten Schulabschlussfilm DIE WALZE UND DIE GEIGE (1961) über den Spielfilmerstling IWANS KINDHEIT (1962 in Venedig mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet) bis zu DAS OPFER prägt eine ganz eigene Filmsprache seine Werke. Ulrich Greiner schreibt in der ZEIT: „Einer der wunderbarsten, einer der rätselhaftesten Filme, die ich je sah, ist „Nostalghia“ von Andrej Tarkowski. Die sanfte Gewalt, die nie geschaute Schönheit seiner Bilder ist so heftig, daß man sie im Kopf behält wie einen Traum, den man immer wieder träumt. Es ist, als läse man Dostojewski zum ersten Mal.“
Und am Ende seines Artikels fragt der sich: „Was soll das alles bedeuten? Wohin führen diese Bilder? Ihre Ikonographie bleibt rätselhaft. … In einer deutschen Monographie über Tarkowski versucht Felicitas Allardt-Nostiz nachzuweisen, daß Tarkowskis Filme in der Tradition der deutschen Romantik stehen, vor allem des Novalis. Das italienische Wort „nostalghia“ bedeutet wie das russische „nostalgija“ Sehnsucht, Heimweh. Es ist aber nicht das Heimweh nach einem bestimmten Ort, sondern nach der Aufhebung der Grenzen zwischen Vorher und Nachher, zwischen Innen und Außen. … Sein Film ist voll von religiösen Chiffren, von pantheistischen, animistischen Vorstellungen. Er kennt keine Grenzen, er ist Poesie.“

Tarkowskis großes Thema ist die Auseinandersetzung mit der Zeit. Niedergeschrieben sind seine Gedanken zur Kunst, Ästhetik und Poetik des Films in seinem Buch „Die versiegelte Zeit“. Das Buch ist eher eine Streitschrift als eine Abhandlung, ein leidenschaftliches Pladoyer für den Film als Kunst! Für Tarkowski „die wahrhaftigste und poetischste aller Künste“.


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