1000x Berlin – Stadtgeschichten in (digitalen) Bildern

Dr. Udo Gößwald ist Leiter des Museums Neukölln und hat das Online-Portal 1000x Berlin initiiert und koordiniert.  

JB: Lieber Udo, das Portal 1000x Berlin zeigt 1000 Fotografien der Stadt­ge­schichte. Wie kam es zu der Idee, solch ein Portal aufzulegen und wer ist dabei beteiligt?

UG: Die fotografischen Bestände der Regionalmuseen sind sehr reichhaltig. Sie sind aber zum Teil noch nicht systematisch erschlossen und deshalb für die breite Öffentlichkeit schlecht zugänglich. Das Jubiläumsjahr 100 Jahre Groß-Berlin sahen die Regionalmuseen als Chance, in einem Kooperationsprojekt mit dem Stadtmuseum Berlin die Potenziale der Sammlungen auszuloten und gleichzeitig eine digitale Strategie zu entwickeln. Beteiligt sind zehn Regionalmuseen mit zeitweilig 25 Mitarbeiter*innen, die die Fotoserien ausgewählt und entsprechende Texte dazu geschrieben haben. Berlin History e.V. hat die grafische Umsetzung und Programmierung übernommen. 

JB: Welches Ziel verfolgt das Portal und wie ist es strukturiert?

UG: Von Beginn an, wollten wir etwas zusammen erarbeiten, dass die Berliner Bevölkerung unmittelbar anspricht. Die Fotoserien können über zehn thematische Felder aufgerufen werden, die sich an der Lebensrealität der Menschen orientieren: z.B. Berlin arbeitet, Berlin wohnt, Berlin vergnügt sich. So können die Nutzer*innen die stadtgeschichtliche Entwicklung von Groß-Berlin über den Zeitraum von 1920 bis heute erfassen. Dadurch wird sichtbar, wie sich das großstädtische Leben verändert hat und wodurch es geprägt wurde. Der besondere Reiz des Online-Portals liegt darin, dass die Geschichte Berlins durch die starke Bezugnahme auf die Geschichte seiner Bezirke und Kieze neu erzählt wird. Dazu kommt, dass wir 50 illustrierte Biografien ausgewählt haben, die ein breites Spektrum unterschiedlicher Lebenswege und Berufe repräsentieren.    

JB: Das Portal möchte ja auch Berlinerinnen und Berliner animieren, selbst Fotos einzustellen. Welche Art Fotos kann man dort hochlanden und wird das Angebot genutzt?

UG: Ja, dieser Aspekt war uns besonders wichtig und für die Förderung durch die Lotto-Stiftung entscheidend. Wir laden Berliner*innen ein, in ihren Beständen nach Fotos zu suchen, die im Kontext ihrer Lebensgeschichte bedeutend waren, wie zum Beispiel die Einschulung der Kinder, ein Ausflug ins Grüne oder die Eröffnung eines Geschäfts. Da die Handhabung sehr einfach ist, wird diese Funktion bereits gut genutzt. Es fällt auf, dass Mauer-Fotos dabei sehr beliebt sind. Das ist ja auch kein Wunder, weil Stadtgeschichte und private Erfahrungen sich hier überschneiden. Ich würde mir aber wünschen, dass noch mehr Fotos aus den Fotoalben der Großeltern gescannt und hochgeladen werden, um Geschichte in ihrer ganzen Komplexität sichtbar zu machen.    

JB: Wer pflegt das Portal?

UG: Im Rahmen der Lottoförderung sind bis Ende des Jahres noch zwei Projektleiterinnen engagiert, um die Website zu optimieren und zu pflegen. Dann wird die Verantwortung dezentral von den Regionalmuseen übernommen. Wir erhoffen uns dadurch auch intensivere Kontakte zu Bürger*innen, die sich für die Geschichte ihrer Bezirke interessieren und vielleicht auch die fotografischen Sammlungen ihres Bezirksmuseums bereichern.  

JB: Soll das Portal in Zukunft noch erweitert werden?

UG: 
Die Erfahrungen in diesem dreijährigen Gemeinschaftsprojekt sind sehr ermutigend, weil die Regionalmuseen und das Stadtmuseum zum ersten Mal ein Projekt gemeinsam realisiert haben. Besonders in Bezug auf zukünftigen Sammlungsstrategien und Fragen der Vermittlung historischer Inhalte durch digitale Formate sind neue Erkenntnisse gewonnen worden. Unterm Strich ist der Wert dezentraler, regionaler Museumsarbeit sichtbar geworden. Zugleich wurden aber auch personelle Defizite deutlich. Ich bin dennoch zuversichtlich, dass das Online-Portal in Zukunft noch erweitert werden kann.   

JB: Lieber Udo, ich danke Dir für das Gespräch!

Alle Fotos ©Museum Neukölln

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