„Alles sammeln“ – oder doch nicht?

Heute bloggt Tanja Neumann, freie Mitarbeiterin des Museums für Kommunikation Frankfurt und dort verantwortlich für die Social Media-Auftritte, über ihre Eindrücke von der Jahrestagung des Deutschen Museumsbundes. Die freie Medienwissenschaftlerin und Social Media Managerin berät Kulturinstitutionen und beschäftigt sich im Rahmen ihres Dissertationsprojekts mit dem Thema „Deutsche Museen im Augmented Social Space“.

Vom 5. bis 8. Mai fand die Jahrestagung des Deutschen Museumsbundes in München statt. Thema der Tagung war „Sammellust und Sammellast. Chancen und Herausforderungen von Museumssammlungen“. Am Sonntag bestand die Möglichkeit, die Stadt und ihre Museumslandschaft im Rahmen von Exkursionen kennen zu lernen. Montag und Dienstag standen im Zeichen thematischer Vorträge. Der Mittwoch war, last but not least, den Arbeitsgruppen gewidmet.

Tagung Deutscher Museumsbund 2013

Tagung Deutscher Museumsbund 2013

20 Vorträge zeigten ein breites Spektrum rund um das Sammeln auf. Einige Referenten stellten das Sammlungskonzept und/oder die Sammlungshistorie ihrer Häuser vor. Faszinierend waren auch Exkurse zu den Herausforderungen, die bestimmte Bestände an die Museen stellen. So ging es etwa bei Alexander Brust vom Museum der Kulturen Basel darum, welche Verantwortung  ein Museum gegenüber außereuropäischen Kulturen hat, wenn es bspw. Objekte aus der Kolonialzeit zu seiner Sammlung zählt. Inwieweit kann, sollte oder muss man mit Vetreterverbänden dieser Kulturen in den Dialog treten? Welche Rolle spielt ihr Feedback? Auch der Umgang mit nicht stofflichem Kulturgut wird im Zeitalter der Digitalisierung immer zentraler. Was ist sammelnswert, und wie sammelt man es? Diese Fragen warf Ulrike Stottrop von der Stiftung Ruhr Museum auf. Die Museen für Gegenwartskunst, unter anderem vertreten durch Dr. Tobia Bezzola vom Museum Folkwang, stehen vor einer ganzen Palette besonderer Herausforderungen. Welche Künstler von heute werden morgen noch eine Bedeutung haben? Wie geht man mit Objekten um, die aus ungewöhnlichen Materialien bestehen oder gigantische Dimensionen haben? Eine Frage, die auch für die Freilichtmuseen, vertreten durch Prof. Dr. Uwe Meiners vom Museumsdorf Cloppenburg aufgeworfen wurde. Ein gemeinsames (wenn auch nicht überraschendes) Fazit ließ sich auch ziehen: Das Sammeln wird weiterhin von zentraler Bedeutung für die Museen bleiben, doch muss es gesteuert durch ein durchdachtes Sammlungskonzept geschehen.
Auffallend war, dass zwar durch Themen wie die Poetik des Sammelns oder das Verhältnis von Privatsammlungen und Museen ein breites Spektrum abgedeckt wurde, dabei leider aber auch manche Fragen, die für viele Museen gerade tagesaktuell und drängend sind, nur sehr kurz angesprochen wurden. So befasste sich auch nur ein Vortrag mit dem wichtigen Thema Online-Sammlungen. Bei diesembetonte Prof. Dr. Günther Schauerte von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, unterstützt von Dr. Ellen Euler von der Deutschen Digitalen Bibliothek, die Bedeutung dieses Projektes als zentralem Speicherort von Wissen. Die beiden warben um mehr Beteiligung von Seiten der Museen und es gab von einigen Zuhöreren sofort sehr konkrete Nachfragen zu den Bedingungen und Möglichkeiten.

Insgesamt lässt sich sagen, dass viele der Vorträge spannende Impulse enthielten. Einige sorgten auch für sofortige Kontroversen im Publikum, wie etwa die These von Prof. Dr. Johannes Vogel, das Museum als Institution werde „zerfließen“. Als Kernaufgabe werde lediglich das Sammeln übrigbleiben, während etwa die Vermittlung zunehmend auf andere Institutionen übergehen werde. In diesen Fällen fehlte leider die Zeit für ausführlichere Diskussionen. An vielen Stellen wäre es schön gewesen, wenn man mehr hätte ins Detail gehen können. Da das Publikum zu einem sehr hohen Prozentsatz aus Experten und Sammlern bestand, wäre ein Austausch zu konkreten Problemstellungen sicher für alle wertvoll gewesen.

Nach der Jahrestagung ist vor der Jahrestagung, und wenn ich einen Wunsch äußern dürfte, wäre es der nach mehr Diskussionen bzw. Formaten, die der Tatsache Rechnung tragen, dass das Publikum aus Experten besteht, die über die Geschichte der Museen bereits informiert sind. Vor einigen Jahren wurde mit verschiedenen Formaten experimentiert. Es gab zum Beispiel auch Podiumsdiskussionen – so etwas würde ich gern wieder dort sehen.

Sehr positiv fiel dieses Jahr auf, dass die Organisation reibungslos funktionierte! Der Zeitplan wurde eingehalten und es gab sogar eine WLAN-Verbindung für die Teilnehmer, die von der Tagung twittern wollten. Ein Angebot, das von den – wenigen – Twitterati vor Ort sehr gern angenommen wurde.

 

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