Analog versus Digital oder die Sprache der Dinge im Museum

Der FAZ-Artikel „Für das analoge Museum – Verteidigung des Schaukasten“ war für mich Anlass, wieder einmal über das Verhältnis Objekt – Museum – Medien – Betrachter nachzudenken.

Im Artikel wird eine Überfrachtung der Museen bzw. der Ausstellungen durch vermittelnde Medien konstatiert. Das ist ein durchaus überlegenswerter Punkt. Doch leider wird dieser im Artikel doch recht schwarz-weiß gemalt und eine Sehnsucht nach der Aura des Objektes berufen. Außerdem werden die Beispiele willkürlich gewählt. Da purzeln die Beispiele Audio-Guide, Medienstation u.a.m. bunt durcheinander (mit einer starken Betonung auf die Audio-Guides). Sie dienen aber lediglich zur Illustrierung  der These, dass dies unnütze Applikationen seien (da mich die „üblichen“ Audio-Guides in Museen noch nie recht begeistert haben, kann ich in diesem Punkt der Autorin Recht geben). Jedoch – allein der „isolierte“ Einsatz von Hörführungen ist nicht mehr „State-of-the-Art“.Vielmehr geht es ja darum, ein integriertes Konzept zu entwickeln mit dem Ziel, Interaktion zwischen Medien, Exponat und Besucher zu erreichen!

Auch die Sehnsucht der Autorin im Museum „einer authentischen Naturerfahrung so nahe wie möglich zu kommen“, kann man antworten: so sehr man die Sehnsucht danach verstehen kann, ist das Museum nicht Natur sondern ein hochkomplexe Inszenierung. – das „Metamedium“ in dem die Objekte arrangiert werden und auf/denBesucher treffen.

Wie Prof. Thiemeyer in seinem sehr aufschlussreichen Artikel zur „Sprache der Dinge“ feststellt, gibt es zwei grundlegende Punkte, die „unser Verständnis von den Dingen bis heute prägen und insbesondere für das Museum relevant sind: die Erkenntnis, dass die Botschaft der Dinge wesentlich vom Rezipienten erzeugt wird und dass die Dinge dennoch eine ganz eigene Ausstrahlung besitzen, die unnachahmlich und deshalb für die menschliche Erkenntnis fundamental ist.“Ein Objekt, das ich nicht kenne, bleibt für mich stumm oder es wird zur Projektionsfläche!

Ein Weg zur Erkenntnis via digitale Medien wäre es, diese zu einer Kontextualisierung/Resituierung des Objekts einzusetzen. Im Senckenberg  wurde z.B. ein umfassendes Szenario zum Einsatz neuer Medien im Naturmuseum entwickelt. Es beinhaltet u.a. Terminals vor einem Saurierskelett, die das nicht mehr
Sichtbare des Sauriers wie Haut, Bewegung oder natürliches Umfeld sichtbar machen.

Im Museum Neukölln verfolgte der Direktor Dr. Gößwald und sein Team in der noch (relativ) neuen Dauerausstellung „99x Neukölln“ die grundlegende Idee, die spezifische „Anmutungsqualität“ des Objektes zu gewährleisten und die Informationen – ausgehend vom Objekt – zusammen zu bringen.

Dies heißt für die Ausstellung, Objekte als solche zu präsentieren und sie nicht mit (meist) sehr verkürzten oder nur benennenden Schrifttafeln zu versehen bzw. von ihnen abzulenken. In Rundvitrinen oder 2 großen Vitrinen sind die Objkte arrangiert. Sie führen ein starkes Eigenleben und wirken in den Raum! Noch einmal Thiemeyer grundsätzlich dazu: Die Dinge [im Museum, J.B.] sind also nicht allein Dokumente, Informationsträger,
sondern besitzen eine spezifische Anmutungsqualität. Stephen Greenblatt hat
diese doppelte Potenz der Museumdinge „resonance and wonder“ genannt. „Wonder“
bezeichnet das Staunen des Rezpienten und bezieht sich auf die emotionale
Wirkung eines Objekts. „Resonance“ kennzeichnet das Objekt als Repräsentanten
einer fernen Kultur oder Zeit, als Spur in die Fremde oder Vergangenheit…“

Daneben werden umfassende Informationen und Geschichten zu den 99 Objekten in den Terminals geboten, die man um Vitrinen herum bewegen kann. Ausgehend vom Objekt wird auf einer ersten inhaltlichen Ebene die unmittelbare Geschichte des Dinges erzählt. Darüber hinaus werden in einer zweiten Ebene vielfältige „Meta-Bezüge“ zur Geschichte, Politik, dem regionalen Raum u.v.m. hergestellt.
Außerdem ist der Besucher gehalten, ein Quiz zu dem Objekt zu spielen und seine eigenen Erfahrungen und Ideen zu dem Objekt zu schreiben.

Dies ist für mich ein interessanter Ansatz sowohl mit dem Medium Ausstellung als auch mit der „Vermittlung“ der Objekte“ umzugehen. Auf keinen Fall hilft der Ruf – „Zurück zum bloßen Schaukasten“, denn dann würde ein wichtiger Aspekt fehlen!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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