„Also, lieben Kinder, wo ihr auch in der Welt seid, behandelt alle Menschen liebreich, sei er weiß oder schwarz; dieses ist nicht allein Gott angenehm (denn der liebe Gott hat uns Alle erschaffen), sondern es schafft euch auch hier auf Erden Nutzen.“
Als Jens Jacob Eschels diese Zeilen 1834 zu Papier brachte, stand er mit seinen 77 Jahren am Ende eines letztlich überaus erfolgreichen und gelungenen, aber doch auch stets von großen Herausforderungen, von Höhen und Tiefen und großen persönlichen Verlusten geprägten Lebens. Krisen, so seine feste Überzeugung, sind Bestandteil eines jeden Lebens und dazu da, nicht an ihnen zu verzweifeln und zu resignieren, sondern aus ihnen zu lernen und wenn möglich, an ihnen zu wachsen. Sein eigener Lebenslauf gab ihm oft genug Gelegenheit dazu.
Die „Lebensbeschreibung eines alten Seemannes“, so der Titel, waren ursprünglich als ganz privater Nachlass für seine Kinder und Enkel gedacht, von denen die meisten männlichen Geschlechts wie er selbst zur See fahren sollten.
1757 als ältestes von drei Kindern einer Föhrer Seefahrerfamilie geboren, lernte er schon als Kind große Not kennen. Sein Vater starb, als er neun Jahre alt war. Um seine Mutter und die Familie zu entlasten, ging Jacob bereits im Alter von elf Jahren zur See. Wie die meisten Föhrer verdingte er sich zunächst auf niederländischen Walfängern in der gefahrvollen Nordlandfahrt.
„Man konnte derzeit rechnen, daß alle Frühjahr circa 1.200 Seeleute von Föhr, einem Lande 1½ Meile groß, abfuhren und die Fahrzeuge hatten jedes 100 Mann an Bord; ihr könnt leicht denken, daß die Passagiere enge zusammen liegen mußten: nämlich es werden 4 Reihen quer über die Breite des Schiffes gemacht, so daß die Füße nach dem Kopf des Anderen reichen, und da immer viele Jungens unter den Passagieren sich befinden, die noch nicht seefest sind, sondern noch seekrank werden und sich Übergeben müssen, so haben diese einen Stiefel bei ihrem Kopfkissen, worin sie brechen und speien.“
Gleich die erste Reise auf der Gallion De Stadt Zwolle endete mit dreifachem Schiffbruch im grönländischen Eis, den die Besatzung – darunter auch Jens Jacob – glücklicherweise überlebte. Im Laufe seiner weiteren, fast 30jährigen Fahrenszeit, arbeitet sich Eschels vom Schiffsjungen und Matrosen zum Steuermann und Kapitän, später zum Kaufmann, Fabrikant, Reeder und Werftbesitzer in Altona hoch. Als er zehn Jahre vor seinem Tod seine
Erinnerungen niederschreibt, überredet ihn ein guter Freund, das Werk zu veröffentlichen. Zum Glück, denn mit seinen Lebenserinnerungen überliefert uns Jens Jacob Eschels nicht nur die erste deutschsprachige Kapitänsautobiographie überhaupt, sondern einen authentischen Einblick in die bewegten Zeiten des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts, der sich noch dazu auch heute noch so spannend liest wie ein Roman.
„Nun will ich von dir Abschied nehmen, lieber Leser. Lebe Wohl! Ich wünsche dir alles Gute, und bitte dich: Alles zum Guten zu deuten.“
In diesem Sinne: Ein schönes Wochenende!